Ein Haus in Disentis aus den 70er-Jahren bot eine spannende Ausgangssituation für einen Umbau. In diesem Bau aus der Feder des lokalen Architekten Rico von Castelberg – eines Schülers von Rudolf Olgiati – befanden sich früher im oberen Stockwerk verschiedene Räume, die Teil einer Tierarztpraxis waren. Das Briefing des Bauherrn bestand darin, die getrennten Räumlichkeiten zu einer einzigen Wohnung umzufunktionieren. Das Büro «Spacial Design» aus dem nahe gelegenen Trun ist sowohl in den Bereichen Architektur und Innenarchitektur als auch im Möbeldesign tätig. Der interdisziplinäre Ansatz kam dem Gründer des Büros, Patrick Rothmund, gerade bei diesem Projekt zugute. Er ersann für diese Wohnung ganz unterschiedliche Lösungen, die alle von seiner Experimentierfreudigkeit zeugen. Sein Büro strebt das Entwerfen von ganzen Raumkonzepten an. Diesbezüglich konnte er hier aus dem Vollen schöpfen.
Mit Formpark sind fliessende Übergange von einem Muster ins andere möglich. (© SPACIAL DESIGN)
In einem ersten Schritt galt es, die Räume neu zusammenzufassen. Um diese Neugliederung zu betonen, entschied sich Rothmund für einen Boden, der grosse gestalterische Freiheiten erlaubt. Mit seiner kleinteiligen Struktur ermöglicht der Parkettboden Formpark Mini von Bauwerk Parkett unterschiedliche Verlegmuster. Diese nutzte Rothmund geschickt aus, um unterschiedliche Texturen und Nuancen zu erzeugen. Das sieht man besonders schön beim Übergang vom langgestreckten Flur ins Wohnzimmer: Während im schmalen Flur die Riemen alle längs verlegt wurden (Verlegemuster 8), wählte er für das grosse Wohnzimmer ein spezielles Verlegemuster, das dem Parkettboden je nach Lichteinfall eine ganz eigene Plastizität verleiht (Verlegemuster 25). Die geräucherte Eiche steht im Kontrast zu den hellen Wänden und harmoniert ausgezeichnet mit der ungewöhnlichen Materialisierung der offenen Küche. Die verspachtelten und geschliffenen Fronten haben fast etwas Metallenes. Solche ausgefallenen Details findet man überall in dieser Wohnung.
© SPACIAL DESIGN
Etwa bei den verschiedenen Einbaumöbeln, die Rothmund speziell für die jeweiligen Räume entwarf. Hier arbeitete der Architekt geschickt mit dem Grundriss. Im Wohnzimmer griff er zudem zu mehreren optischen Tricks. Der mehrteilige Schrank besitzt unterschiedliche Tiefen, was dem Raum einen spannenden und doch wohltuend gradlinigen Look verleiht. Die Decke wurde heruntergehängt und neu gezeichnet. Dabei hat Rothmund die archetypische Form des Dachs bewusst nicht symmetrisch gesetzt; sie ist zudem leicht von der Wand abgesetzt. Die geometrischen Linien werden durch das versteckte Deckenlicht betont.
Sogar den grossen Esstisch hat der gelernte Möbelschreiner selbst entworfen. Dieser lehnt sich an alpine Typologien an, interpretiert diese aber neu. Ein Blickfang der eigenen Art ist das Schlafzimmer mit der frei stehenden Badewanne. Schon der versteckte Zugang durch eine Spiegeltüre verspricht Überraschendes. Das Bett, das mitten im Raum steht, ist eingebaut und wird so Teil der Architektur. Es besteht aus Eternit – ein ungewöhnliches Material für ein Möbelstück. Die besondere Haptik dieses Werkstoffs erinnert optisch an das Grau der Küche; Fugen und Flächen der Schlafstätte sind bis ins kleinste Detail durchdacht. Man merkt, dass hier ein Tüftler am Werk war, der sich nicht scheut, Neues auszuprobieren. So auch bei der hinteren Küchenwand aus Stein, deren Rückseite zum Schlafzimmer steht. Damit der kristallin wirkende Stein als Wandelement eingesetzt werden konnte, musste man ihn durch ein Glas verstärken. Auf diese Weise schimmert das Licht magisch durch den transluziden Stein: Ein Glanzstück dieses aparten Domizils.